Aie ersten paar Kilometer sind die anstrengendsten. Immerhin geht es bergauf und wir müssen die Strecke noch vor Einbruch der Dunkelheit schaffen. Der mehr als zehn Kilogramm schwere Rucksack fühlt sich nach einer Weile wie Blei auf den Schultern an. Aber bald ist das erste Stück geschafft, die Whariwharangi Bay erreicht.
Jetzt heißt es: Zelt aufstellen, das spärliche Abendmahl essen und die Hände am Lagerfeuer wärmen. Am nächsten Tag schlafen wir aus, was heißt: Wir wandern erst am späten Vormittag los, als die Sonne schon weit oben am Horizont steht. Lektion 1 gelernt: Früh aufstehen lohnt sich, im Kühl des Morgens kommt man leichter voran und danach heißt es ausspannen und schwimmen bis es dunkel wird. Der Nachteil: Der Wecker am Handy stört das Robinson-Crusoe-Gefühl.
Neuseelands Great Walks
Der 51 Kilometer lange Abel Tasman Costal Track ist einer der beliebtesten 9 Great Walks in Neuseeland. Er befindet sich im Norden der Südinsel und ist der am besten gewarteten Wege – Trekking für Beginner sozusagen. Die Wege sind gut präpariert und ausgeschildert, an vielen Zeltplätzen gibt es Trinkwasser. Ranger*innen kontrollieren abends nicht nur die Tickets, sondern geben auch ein gewisses Gefühl von Sicherheit. Man ist zwar fernab der Zivilisation, aber irgendwie doch nie alleine. Auf der Strecke freunden wir uns unter anderem mit einem Chilenen, einem Italiener, zwei Deutschen, einem Franzosen und zwei Österreichern an.
Am dritten Wandertag heißt es auf jeden Fall früh aufstehen: Wir müssen die Bucht von Awaroa überqueren, um zum Zeltplatz zu gelangen. Das geht nur eineinhalb Stunden vor und bis zu zwei Stunden nach der Ebbe. Es ist also noch früh, als wir unsere Schuhe ausziehen und in Flip Flops über die von Muscheln überzogene sandige Bucht trotten. Bald darauf kommen wir in Awaroa an.
Wir hatten uns darauf gefreut, fünf Tage lang ohne Handyempfang, Internet und anderen Schnickschnack auszukommen. Und jetzt? Besser als gedacht! Wir frühstücken, hängen unsere Kleider zum Trocknen auf und schauen der Flut zu, wie sie langsam Wasser in die Bucht spült. Mittags ist das Inlet weitestgehend gefüllt und lädt wie ein riesengroßes Planschbecken zum Baden ein.
Südseefeeling in Bark Bay
Am nächsten Morgen geht’s wie gewohnt weiter. Durch dichten Urwald mit meterhohen Farnpalmen und entlang goldener Strände mit kristallklarem Wasser. In Bark Bay geht es tagsüber etwas lebhafter zu, weil neben Wandersleuten auch Kajakfahrer*innen und Tagesurlauber*innen per Boot hierherkommen. Ab dem späten Nachmittag haben wir die Bucht mit der breiten Sandbank wieder fast für uns alleine. Südseefeeling breitet sich aus – nur das Wasser könnte eine Spur wärmer sein.
Wieder sitzen wir abends am Lagerfeuer. Der Schock kommt erst in der Nacht, als sich eine Maus durch die dünne Zeltwand beißt. Sie hat wohl die Essensvorräte gerochen, die im Rucksack verstaut waren. Wir flüchten ins Cooking Shelter und starten gleich um sechs Uhr in der Früh los, ohne wirklich geschlafen zu haben.
Die letzten 20 Kilometer
Die letzte Zeltnacht lassen wir aus und marschieren die restlichen 20 Kilometer bis ans Ende des Tracks. Die restlichen Kilometer schlurfen wir nur mehr dahin, die Müdigkeit überholt uns und die Füße schmerzen bei jedem Schritt. Irgendwann heißt es: Geschafft! Trotz des nächtlichen Besuchs steht fest: So ein Track ist die anstrengendste, aber auch intensivste und schönste Art und Weise, Neuseeland zu erleben. Es ist herrlich, Tag und Nacht in der Natur zu sein, seine Essensvorräte mal genau abzählen zu müssen und sich und seine Umgebung intensiv zu spüren.
Tipps:
- Viele Wanderer begehen innerhalb von drei Tagen nur den südlichen Teil des Tracks. Es lohnt sich aber, die gesamte Strecke zu gehen. Im Norden trifft man auf weitaus weniger Wanderer.
- Wir empfehlen, in Wainui Car Park zu starten und den Weg von Nord nach Süd – also in die entgegengesetzte Richtung als die meisten anderen – zu gehen. Am Ende kann man sich dafür in Marahau mit kalten Getränken und Pizza verwöhnen lassen. Diese Möglichkeit gibt es am nördlichen Ausgangspunkt nicht.
- Unbedingt mitnehmen: Wasser, Essen für die gesamte Zeit der Wanderung, Taschenlampe, Zelt, Flip Flops.
- Obwohl der Track einfach ist, muss genau vorgeplant werden: Zelte bzw. Hüttenplätze müssen taggenau beim Department of Conservation reserviert werden, ein Shuttlebus gebucht und ein Gezeitenplan vom örtlichen Tourismusbüro geholt werden.
- Die kleineren Zeltplätze sind oft idyllischer als die größeren, aber haben manchmal kein Trinkwasser. Wir empfehlen, vermehrt die kleinen Plätze zu buchen und das Wasser am Weg von den großen Campgrounds zu holen.
- Nicht in Bark Bay zelten, hier gibt es scheinbar ein großes Problem mit Mäusen! Alternativ kann ein Schlafplatz in der Hütte gebucht werden.
- Nicht auf allen Campingplätzen gibt es Trinkwasser – aber an vielen. Es reicht, ein paar Liter Wasser mitzunehmen und diese bei jeder Gelegenheit aufzufüllen. Oft gibt es sogar Duschen und Cooking Shelters, wo man seinen Gasofen aufstellen kann. Wir haben uns auf Trockenfutter beschränkt: Brot, Erdnussbutter, Äpfel, Kekse, Cracker usw.
- Neben den 9 Great Walks gibt es in Neuseeland zahlreiche weitere mehrtägige Wanderungen. Wer Zeit und Muße hat, kann das Land auch auf dem 3.000 Kilometer langen Te Araroa-Weg von Nord nach Süd bewandern.