Stockholmer Schärengarten: 24.000 Inselchen
Die warmen, sanft ins Meer gleitenden Felsen sind die Ausläufer der Schäreninseln, von Gletschereis abgeschliffene Gesteinsmassen. Im Stockholmer Schärengarten ragen mehr als 24.000 solcher Eilande aus der stahlblauen Ostsee, 150 davon sind ganzjährig bewohnt. Mit der “Båtluffarkort”, einem Ticket zum Inselhüpfen, kann man den Archipel per Fähre erkunden.
Insel Stora Kalholmen: das Waldhostel
Und so steuert man beim Inselhüpfen in Schweden etwa die Insel Stora Kalholmen an. Sie liegt nordöstlich von Stockholm, die Fähre braucht etwa drei Stunden. Wer hierher kommt, sollte unbedingt ein Zimmer buchen oder sich das eigene Zelt, das gemäß dem schwedischen “Allemansrätt” (Jedermannsrecht) so gut wie überall aufgeschlagen werden darf, mitnehmen. Denn: Es gibt nur eine einzige Unterkunft, ein Hostel. Das rot gestrichene Holzhaus thront majestätisch über der Meeresbucht, umgeben von schattenspendenen Kiefern, durch die die Sonne schmale, lange Streifen zieht.
Inselhüpfen in Schweden: kein Strom, kein Warmwasser
Dusche gibt es auf der ganzen Insel keine, man wäscht sich im Baltischen Meer, das hier sehr ruhig ist und, weil von Schärenfelsen eingekesselt, fast wie ein See wirkt. Auch auf fließendes Wasser müssen Urlauber verzichten: Das Wasser zum Kochen oder Trinken pumpt man sich einfach selbst aus dem Brunnen, zum Geschirrwaschen tut es auch Meerwasser, das mit Kübeln herangeschafft wird. Wen auch das Plumpsklo nicht stört, der könnte hier sein ganz persönliches Inselglück finden.
Carina Aronsson pachtet die Jugendherberge seit einigen Jahren und erzählt, dass das Haus 1914 von einem Arzt als Sommerresidenz erbaut wurde. Sie wohnt auf einer Nachbarinsel und schippert in der Sommersaison jeden Tag für einige Stunden mit ihrem Boot herüber, um nach dem Rechten zu sehen und Neuankömmlinge einzuchecken. Das macht sie in einem kleinen Häuschen, das gleichzeitig der einzige Inselladen ist – allerdings meist nur bis kurz nach Mittag geöffnet. Die schwedischen Familien nehmen sich genug Proviant mit, um sich selbst zu versorgen. Wer das nicht macht, bekommt bei Carina zumindest Spaghetti, Soße und Schokolade.
Eine Sauna, umgeben von Baumkronen
Auf Stora Kalholmen macht es nichts, wenn die Haare ein bisschen zerzaust, die Garderobe mehr als leger ist. Man zieht einfach Schuhe und Socken aus, spürt die Felsen und das Gras, schaut den Kindern beim Fangenspielen zu. Man wäscht auf St. Kalhomen sogar gerne das Geschirr ab, denn man tut es unter freiem Himmel. Aber: Wenn man hier überhaupt etwas macht, dann ganz langsam. Die Zeit läuft nicht davon. Es gibt keine Restaurants, Museen oder Nachtclubs, die man am Abend besuchen will.
Es ist wie im Märchenbuch, aber es ist nicht kitschig; man fühlt sich nicht als Tourist, weil man unter Einheimischen ist. Und weil man weiß, dass keine Reisegruppe, kein Partyschiff oder sonst jemand noch vorbeikommt. Höchstens ein kleines Segelboot, das über Nacht in der Bucht ankert und sein ganz eigenes, stilles “Inselhüpfen in Schweden” praktiziert. Aber auch ohne Besucher lässt es sich aushalten, die Schweden sind hilfsbereit: Sie schieben beim Kanufahren an, hacken Holz und heizen den Saunaofen kräftig an. Nach dem Geschwitze in der kleinen Holzhütte geht’s zur Abkühlung über einen Schärenfelsen und per Eisenleiter in die kühle Ostsee.
Insel Finnhamn: weniger beschaulich
Nicht ganz so beschaulich geht es auf der Inselgruppe Finnhamn zu: Dort bleiben die Schiffe aus Stockholm weitaus öfter stehen, um Massen von Rucksacktouristen und Einheimischen abzuladen. Deren Gepäck wird in umgebauten Golfwagen vom kleinen Fährhafen zur Jugendherberge gefahren. Auch hier gilt: Wer im Sommer nicht vorgebucht hat, nimmt sich am besten ein Zelt mit.
Insel Ingmarsö: Immer mit der Ruhe
Weiter geht das Inselhüpfen in Schweden: Westlich von Finnhamn liegt Ingmarsö. Die drei mal sieben Kilometer große Insel ist besonders bei einheimischen Gästen beliebt. Während des Jahres leben hier 150 Menschen, im Sommer sind es 2000. Es gibt eine Schule, eine Kirche und einen Krämerladen. Ulf Hedquist holt seine Gäste mit einem umgebauten Golfwagen von der Fähranlegestelle ab; richtige Straßen und Autos gibt es hier nicht, nur schmale Kieswege. Eigentlich vermietet Ulf Zimmer in einem umgebauten Bauernhaus. Wenn das ausgebucht ist, kommen Inselgäste ab und zu in den Genuss seiner privaten Gästehütte mit Freiluftdusche.
Die größte Gefahr beim Inselhüpfen in Schweden
In die Küche hat Ulfs Frau einen Korb mit frischgebackenen Kanelbullar, schwedischen Zimtschnecken, gestellt. Ulf ist schon in Richtung Schuppen unterwegs. “Polizei gibt es hier keine”, erklärt er, während er die Fahrräder aus dem Schuppen holt, die komme nur ganz selten mit dem Boot vorbei. “Darum haben die Moped-Fahrer auch keinen Helm auf”, sagt der Hausherr. Auch das gemietete Rad brauche man nicht abzusperren, er besitze nicht einmal Schlösser dafür. Die größte Gefahr auf den Schäreninseln scheint ohnehin direkt auf den Fähranlegestegen zu drohen: Wenn man vor der Abreise vergisst, das Halteschild für die Schiffe richtig zu drehen, steuern diese erst gar nicht auf die Insel zu. Was manch Reisendem vielleicht gar nicht so unrecht ist.
Koffer packen und los geht’s
Information im Internet gibt’s beim Anbieter Waxholmsbolaget.
Tipp: In der Ticket-Verkaufsstelle am Hafen in Stockholm eine Landkarte mit den verschiedenen Routen, ein Prospekt mit Unterkünften und einen Fahrplan mitnehmen.