Genuss-Kurztrip ins Eisacktal: Passionierte Winzer und Köche bringen auf den Tisch, was die Natur hergibt. Drei davon haben wir getroffen.
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Er ist Koch, Landwirt, Hotelier, Schnapsbrenner und Familienvater. Und er kennt sich aus mit Wein. Seit einiger Zeit ist Michael Oberpertinger auch Winzer. Einer, der Wert auf alte Rebsorten legt. Die Weinreben wachsen auf den Steilhängen, die seinen Hof in der Ortschaft Klausen umgeben. Wer ihm zuhört, der versteht bald: Operpertinger setzt auf Klasse statt Masse. Mit den rund 8.000 Flaschen pro Jahr zählt er zu den kleineren Winzern der Region. Die so genannten freien Winzer nehmen vom Pflanzen der Reben bis zum Etikettieren alles selbst in die Hand.
„Die Rebstöcke sind wie meine Kinder.“
Die Arbeit im Weinberg ist die wichtige Basis für die Winzer, damit später die Qualität des Weines stimmt. „Der Wein wird am Weinberg gemacht, nicht im Keller“, erklärt der Winzer. Rund die Hälfte des Jahres verbringen Weinbauern normalerweise in den Weinbergen. „Zwei Kinder habe ich schon. Aber die Rebstöcke sind wie mein drittes Kind“, sagt Oberpertinger. Sogar ohne Schmunzeln, er meint es ernst.
Ein Weinkenner ist auch Uwe Ringleb, der Touristen entlang des vier Kilometer langen Weinwanderwegs in Klausen führt. Schon vor 20 Jahren hat der gebürtige Deutsche Südtirol zu seiner Heimat gemacht. Jetzt erklärt er Urlaubern, wie das Weinmachen funktioniert. Zum Beispiel, dass im Frühsommer die Blätter rund um die Trauben ausgezupft werden müssen, damit die Früchte mehr Frischluft und Sonne abbekommen. Oder dass die Winzer in Südtirol traditionell alles von Hand machen – auch die Ernte.
„Der Wein braucht einen gesunden Stress“, erklärt Ringleb, „er mag es tagsüber warm und nachts kühl.“ Die tiefen Wurzeln der Weinreben saugen Wasser und Mineralien aus dem Boden auf. Weil Südtirol so viele unterschiedliche Böden hat, gibt es hier die höchste Anzahl an Rebsorten – bezogen auf die bestockte Fläche.
„Man kann nicht immer nur beklagen, dass das Traditionelle verloren geht. Man muss selber etwas tun.“
Mit seinem weißen Kochhemd und der Baskenmütze könnte er als französischer Spitzenkoch durchgehen. Es stimmt: Oskar Messner, 42, Slow-Food-Bekenner, kocht spitze. Aber nicht in einem Pariser Nobelrestaurant, sondern in seiner Südtiroler Heimat, dem Villnösser Tal. Saftig grüne Wiesen ziehen sich über das Seitental des Eisacktals. Von der Ortschaft St. Peter aus erkennt man die für die Dolomiten typisch markanten Zacken der Geislergruppe, die bis zu 3.000 Meter in die Höhe ragen. Außerdem schaut man von der Terrasse des Restaurants Pitzock auf eine Steilwiese, auf der schwarze, braune und weiße Villnösser Brillenschafe grasen.
Die älteste Schafrasse Südtirols wäre beinahe ausgestorben, aber Messner hat sie gerettet. Obwohl er das so bestimmt nicht lesen möchte. Der gelernte Koch stand früher beim elterlichen Dorfwirt in der Küche, bis ihm irgendwann die Decke auf den Kopf fiel. Er baute die Dorfbar zum modernen Restaurant um. Und spezialisierte sich auf die Zubereitung des damals fast ausgestorbenen Brillenschafs, das zu dieser Zeit in Südtirol nur mehr von wenigen Bauern gezüchtet wurde. Man kann sich vorstellen, dass zu Beginn viele kleinere und größere Stolpersteine überwunden werden mussten.
Als er zum ersten Mal in kleiner Runde seine Schaffleisch-Kreationen auftischte, seien manchen der anfangs skeptischen Bauern Tränen in den Augen gestanden. Gemeinsam mit Freunden gründete Messner vor acht Jahren die Firma “Furchetta”, über die er unter anderem Gekochten Schinken und Kaminwurzen vom Brillenschaf vertreibt. „Wir haben mit zehn Bauern angefangen, heute züchten 50 Landwirte das Brillenschaf für uns“, sagt Messner. Erst durch die Zusammenarbeit mit ihnen habe er gelernt, „dass man nicht immer jedem alles recht machen muss.“
Das Fleisch des Villnösser Brillenschafes ist feinfasrig, zart und würzig. Die Tiere verbringen drei Viertel des Jahres draußen und ernähren sich von Weidegras, Zusatzfutter sind nur Heu und ein bisschen Getreide. Eigentlich ist das Villnösser Brillenschaf ein Wollschaf. Trotzdem musste früher für die Entsorgung der Wolle sogar bezahlt werden. Seit ein paar Jahren kauft Messner den Schafzüchtern die Wolle ab, um Patschen und Häkelmützen daraus zu machen.
„Jeder Kastanienbaum ist eine Persönlichkeit für sich.“
Das sagt einer, der den Kastanienbäumen schon oft zugeschaut hat: Wie die Bäume im Frühsommer blühen, die Nussfrüchte in den Folgemonaten unter der stacheligen Haut heranreifen und sich im Spätherbst von ihr befreien. Franz Tauber ist Seniorchef des Hotels Taubers Unterwirt in Feldthurns, das sich ganz der braunen, kugelrunden Frucht verschrieben hat. Das fängt bei der Sauna aus Kastanienholz an und endet in der Küche, wo schon am Frühstückstisch Saft, Strudel und Kastanienhonig stehen. Tauber erklärt den Unterschied zur Maroni: „Die Kastanie ist kleiner und runder.”
80 Jahre hat er auf dem Buckel. Man sieht es ihm kaum an. Der sehnige Hotelier wandert mehrmals pro Woche mit Hausgästen auf umliegende Berggipfel. Den 62 Kilometer langen Keschtnweg, den Kastanien-Themenweg, ist er vor ein paar Jahren statt in vier Etappen an einem Tag gegangen. Er weiß vieles über die regionale Spezialität zu erzählen. „Früher, da half die Kastanie den Leuten über den Winter, wenn der Weizen wieder mal erfroren ist“, erzählt er.
Ende September beginnt die Kastanie zu reifen, Oktober und November ist dann Hauptsaison. Wer zu dieser Zeit schon einmal in Südtirol war, der weiß: Kastanienzeit ist Törggele-Zeit. Das Törggelen kommt von einem alten Brauch der Bauern und Weinhändler, sich im Herbst bei Wein und Kastanien zusammen zu setzen. Viele Wirte tischen dann besondere Kastanien-Gerichte auf. Beim Unterwirt gibt’s die süßliche Frucht dann in allen Variationen: Von Nocken bis Eiscreme, von Fleischglasur bis Likör. Aber das ist eine andere Geschichte. (kofferpacken.at)
Koffer packen und los geht’s:
- Das Eisacktal ist das erste Tal, durch das man fährt, will man Richtung Italien. Es zieht sich von der Grenze am Brenner (Brennero) bis in die Landeshauptstadt Bozen. Einfach erreichbar per Autobahn bzw. per Zug über Innsbruck oder München.
- Spitalerhof in Klausen: Drei-Sterne-Hotel mit Pool, Gasthaus, Weingut, Schnapsbrennerei, Hofladen (Obstbrände, Wein, Marmeladen, Geschenke). Im September können Besucher bei der Weinernte mithelfen, im Oktober gibt es Törggele-Angebote und Wild- und Kastanien-Gerichte.
- Kultur-Guide und Reiseleiter Uwe Ringleb führt nicht nur entlang des Weinwanderweges. Buchungen über den Tourismusverein Klausen: www.klausen.it
- Restaurant Pitzock in St. Peter: Modernes Esslokal mit Terrasse, serviert werden vor allem Spezialitäten vom Villnösser Brillenschaft. Wer will, kann hier auch handgestrickte Patschen und Hauben aus Schafwolle kaufen.
- Taubers Unterwirt in Feldthurns: Kastanienhotel (Vier Sterne) mit Pool und Wellnessbereich und geführten Wanderungen.
- Zwischen Mitte August und Mitte November werden unterschiedliche geführte Genusswanderungen angeboten, zum Beispiel rund um die Kastanie, Zwetschke oder Kräuter. Information: www.eisacktal.com
Offenlegung
Wir waren im August 2015 auf Einladung der Tourismusverbandes Eisacktal und des Tourismusvereines Klausen drei Tage lang in Südtirol unterwegs. Meinungen, Bilder und Texte sind wie immer „hausgemacht“.
Netter Artikel! Nicht wichtig, aber der Ordnung halber: “bestockte Fläche” (Weinstock) nicht “bestückte”.
Weiterhin viel Erfolg! Grüße aus dem Süden, Uwe Ringleb
Hallo Uwe! Danke – den Fehler haben wir natürlich sofort ausgebessert. Liebe Grüße, Maria