Auf dem Sattel eines Fahrrades reiste Miriam mit ihrer Familie quer durch Israel. Am Ende wurden die Räder einem Friedensprojekt gespendet.
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Ein Land erspüren und in seiner Ursprünglichkeit erleben. Das ist das Ziel vieler Reisender. Oftmals ist es aber gar nicht mehr so einfach, ein Land auf diese Weise kennen zu lernen. Miriam Zellinger reiste mit ihrem Vater und ihrem Bruder ausgestattet mit GPS, Runtastic und Landkarten mit dem Rad durch Israel. Doch wie kommt man auf diese Idee? „Mein Vater, Martin Zellinger, macht jährlich die Reiseleitung für zwei bis drei Pilgergruppen nach Israel und Palästina. Für 2015 hat er den Auftrag, eine Rundreise für 20 Pilger unter dem Motto ‚Mit dem Rad unterwegs durch’s Heilige Land‘ anzubieten. Dabei wird das Land nicht einfach besichtigt, sondern vom Fahrradsattel aus erspürt und erlebt. Und genau für diese Reise haben wir die Wege erkundet“, erzählt Miriam begeistert.
Mit leichtem Gepäck durch die Bibelgeschichte
„Ich bin noch nie mit so wenig Gepäck ausgekommen“, lacht Miriam. „Normalerweise schaffe ich es mit dieser Ausstattung nichtmal durch ein Wochenende.“ Sämtliche Stylingprodukte blieben zu Hause, im Gepäck war lediglich die Radlhose, ein Transtec-Shirt und eine Garnitur normale Kleidung. Dafür wurde jeden Tag per Hand gewaschen.
Für ihren Bruder und für sie war es die erste historische Besichtigung dieses Teils der Erdkugel. In vier Etappen reisten sie durch die Bibelgeschichte. Nazareth und Umgebung standen ebenso auf dem Reiseplan wie Galiläa inklusive des Jordan Zuflusses am Fuß der Golanhöhen, das tote Meer und die Taufstelle im Jordan, Jericho und die Wüste Juda. Zum Schluss besuchten sie auch noch Jerusalem und Betlehem mit der Geburtskirche Jesu, dem Ölberg und anderen Orten, die man aus der Bibel kennt.
Wohltätige Aktion und Abenteuer zugleich
„Das Besondere war, dass wir am Ende der Reise die Räder der palästinensischen Familie Nassar übergeben haben, welche außerhalb von Betlehem eine Landwirtschaft besitzt und seit 20 Jahren im Rechtsstreit mit dem israelischen Staat ist. Dort wurde das Friedensprojekt ‚Tent of Nations‘ gegründet. Die Räder, mit denen wir unterwegs waren, sind eine Spende der Familie Froschauer aus Mitterkirchen und stehen nun den Volontären dieses Friedensprojektes zur Verfügung“, freut sich Miriam. Die Volontäre leben dort in Zelten mit Matratzenlagern, mit Wasser, das vom Himmel fällt. „Die Israelis verbieten dort die Wasserzufuhr und auch Strom gibt es ausschließlich von der gespendeten Solaranlage. Die Toiletten sind ‚Komposttoiletten‘, und werden als Dünger für die Felder verwendet.“
Sportliche und spirituelle Erfahrungen
Mit ihren Rädern fuhren die drei jeden Tag zwischen 20 und 75 Kilometer über Stock und Stein: „Unsere Sattel mussten einiges aushalten! Wir fuhren durch dicht befahrene Städte, auf einsamen Feldwegen oder auf Wüstenpisten bis hin zu steilen Schluchten oder sogar durch die Basare in Betlehem und Jerusalem“, erinnert sich Miriam. „Auf den Wiesen blühten die knallroten Anemonen und von den Mangobäumen leuchteten die rosa Blütenstände. Die Temperaturen waren angenehm zum Radeln, nur in Betlehem pfiff uns ein beißend kalter Wind um die Ohren. Wir besichtigten Pilgerstätte und umrundeten den See Genezareth, wir durchquerten die recht orientalisch wirkende Palästinenserstadt Jericho, wir fuhren durch die Wüste und machten Bekanntschaft mit Beduinen und deren Schafherden. Wir waren bei der Taufstelle am Jordan, wo vor 2000 Jahren Johannes der Täufer die Gläubigen untertauchte.“
Israel hautnah
Dass da drei Österreicher mit dem Rad quer durch das „heilige Land“ fuhren, war für viele Einheimische sehr lustig. „Sie fanden es manchmal witzig und eigenartig, aber vor allem bewundernswert. Wann immer uns Autos entgegen kamen – vor allem in palästinensisch bewohnten Gegenden – wurde vor Begeisterung gehupt und gewinkt, denn Fahrradpilger gehören hier nicht zum Alltagsbild…“ Die Familie nutzte auch noch die Gelegenheit und schnupperte in das Leben der Einheimischen. „Wir konnten Bekannte besuchen, die auf der Strecke leben, das war eine einmalige Erfahrung. Dort waren wir in einem kleinen Kloster am Hügel von Nazareth untergebracht!“
Sichere Reiseroute für Radpilgerer
Nach sieben Tagen war Miriam mit ihrem Bruder und ihrem Vater überwältigt von den einzigartigen Eindrücken und großartigen Erlebnissen. Und wie siehts mit der Sicherheit aus? „Gefährlich war es keinesfalls. Wir hielten uns von kritischen Gegenden wie beispielsweise dem Gazastreifen fern“, so Miriam. „Es ist halt so, dass in diesem Land sehr viele religiöse Ansichten und Mentalitäten aufeinander treffen. Manchmal hat man ein mulmiges Gefühl, wenn man palästinensische Gebiete besucht und die öffentlichen Busse vom israelischen Militär mit Maschinengewehren durchsucht werden … aber unsicher haben wir uns nicht gefühlt.“
Info:
Miriam hat nun gemeinsam mit ihrem Vater und ihrem Bruder die Tour gefunden, die 2015 als Radreise durch’s heilige Land angeboten wird. Wer mehr darüber erfahren möchte, findet Informationen bei Martin Zellinger. (kofferpacken.at, Daniela Nowak)