Es war im Jahre 1722, da entdeckte ein Holländer am Ostersonntag ein Eiland inmitten des Südostpazifik bei Chile. Er nannte diese Insel “Osterinsel” und seither ranken sich viele Mythen um dieses isolierte Kleinod. Ein Streifzug durch die Vergangenheit …
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Diese Farben. Diese Hitze. Und diese Figuren, die so grantig aus der Erde schauen. Meterhoch sind sie und überall quer über die Insel verteilt. Genauso wie die Pferde, die hier überall frei herumlaufen. Alexandra Temper bekommt Gänsehaut, als sie sich die Fotos ihrer Reise wieder ansieht.
Allgegenwärtig – der Schmollmund
Im Jänner 2013 reiste sie über Chile auf die Osterinsel und manchmal läuft ihr jetzt noch ein Schauer über den Rücken, wenn sie an die Steinriesen mit dem Schmollmund denkt. “Die Osterinsel ist ein mystischer Ort mit viel Vergangenheit. Die beiden Urstämme – die Kurzohren und die Langohren – bekriegten sich und zerstörten somit die gesamte Insel und ihr eigenes Volk”, erzählt sie.
Steinfiguren mit rotem Hut
Viele Theorien ranken sich um die Steinriesen namens Moai, von denen es früher vermutlich über 1000 Stück gab. Sie wurden von den Bewohnern direkt aus dem Vulkanstein herausgearbeitet. Hüte aus rotem Vulkanstein wurden aus einer anderen Felsart geschnitzt.
Für den Transport wurden Bäume gerodet, deren Stämme als Räder dienten. So wurde das Ökosystem gestört: Keine Bäume, keine Vögel – ein unumkehrbarer Kreislauf, der die Völker dazu bewegte, sich zu bekriegen. “Es führte zu Kannibalismus und zur Zerstörung der eigenen Kultur. Die Statuen wurden zerstört, die Augen wurden entfernt und die Tradition wurde missachtet”, so Alexandra.
Es wird vermutet, dass diese Statuen als Götter angesehen wurden. Jedoch ist die Gesichtsform jener der Einwohner nicht im Geringsten ähnlich. Ein Rätsel bis heute.
Sternenkonstellation und Symbole des Glaubens
“Verbindet man einige der sagenumwobenen Stätten dieser Welt miteinander auf einer Landkarte, wie beispielsweise Stone Henge oder die ägyptischen Pyramiden, treffen sich diese Linien auf der Osterinsel.” Zufall? Deshalb wird die Osterinsel auch der Nabel der Welt genannt.
“Es gibt auch in Bolivien ähnliche Figuren, alle schauen sie Richtung Osterinsel. Aber auf der Osterinsel gibt es nur eine einzige Figur, die auf’s Meer schaut, quasi nach Bolivien. Alle anderen visieren einen unbekannten Punkt im Landesinneren an. Auf der Osterinsel wird man zum Entdecker und es hört nicht bei den Moais auf!”
Und genau das hat Alexandra getan. Stets mit Sonnenschutz und Taschenlampe bewaffnet, kämpfte sie sich mit ihrem Freund in einem Jeep durch die schlecht befestigten Straßen. “Die ganze Insel ist ein Nationalpark, man kann überall hinfahren und sich so frei bewegen, wie es selten möglich ist. Auf der Osterinsel sieht man, was passieren kann, wenn man die Natur nicht achtet. Durch den Raubbau und die Zerstörug der eigenen Insel rotteten sich die Einwohner quasi selbst aus bzw. flüchteten. Bei uns könnte es ähnlich ausgehen, nur dauert der Prozess länger”, wägt sie ab.
Auf einer Statue sieht man, woran die Ureinwohner glaubten. Symbole für die Männlichkeit, ein Paddel für Kraft und Zusammenhalt, Mutter und Vater, die Familie, ein Regenbogen. Das Wetter dürfte eine große Rolle gespielt haben, denn Sonne, Regen und Eisregen sind wichtige Elemente des Glaubens.
Die Gegenwart mitten in der Vergangenheit
Für die jetzigen Bewohner von Rapa Nui, wie die Insel auf Polynesisch heißt, ist das Leben trotz der paradiesischen Kulisse nicht einfach. Braucht man einen Zahnarzt, muss man einen fünfstündigen Flug nach Chile berappen. Will man studieren oder einen Fernseher kaufen ebenso. “Deshalb ist hier auch alles so teuer. Wenn man vor hat mehr als ein paar Tage zu bleiben, sollte man sich Proviant und – nicht lachen – Klopapier aus Chile mitnehmen. Denn hier wird sowieso alles importiert, es ist schweineteuer”, so Alexandra.
Die einzigen, die sich nicht vom Fleck bewegen, sind die Moais. Überall sind sie zu sehen. Sie halten sich den Bauch oder scheinen keine Körper zu haben, denn meistens sind diese in der Erde eingegraben. Doch sind die Gesichter detailreich aus dem Vulkanstein herausgeschnitzt. Alexandra blickt das Foto an: “Unheimlich irgendwie. Aber ein Anblick, den ich nie vergessen werde.” (Daniela Nowak, kofferpacken.at; Fotos: Alexandra Temper)