Im Süden von Costa Rica kommen wir bei einer Wanderung von La Sirena nach Carate ganz schön ins Schwitzen. 18 Kilometer durch den Dschungel des Nationalparks Corcovado bedeuten Muskelkater, einseitiges Gehumpel und pure Natur.
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Dämmerung. 5 Uhr morgens. Wir starten als der Dschungel im Nationalpark Corcovado gerade am Erwachen ist. Blätterrascheln und Vogelschreie über uns. Der zeitige Start ist notwendig, die Sonne steigt rasant am Horizont empor. Rodolfo, unser Guide, motiviert die kleine Trekkinggruppe und stellt uns 18 Kilometer Wanderung nach Carate in Aussicht. Im Dickicht des Dschungels ist von der Sonne nur wenig zu sehen, im Blätterwald raschelt es in unregelmäßigen Abständen. Ein Blick nach oben verrät, dass wir direkt unter einer Tukan-Residenz stehen. Die Vögel mit den großen, leuchtend gelben Schnäbeln sind sehr scheu und man sieht sie nur sehr selten.
Corcovado – ein Paradies für Tierfans
Im Dschungel von Costa Rica sollte man sich auf allerhand Getier einstellen. Von giftgrünen Schlangen, die sich quer über die ausgetretenen Waldwege schlängeln, über schwarz-gesprenkelte Spinnen, die über unseren Köpfen fest in ihren Netzen verharren, bis hin zu Tapiren, die aussehen wie eine Mischung aus Baby-Elefant und Kuh. Plötzlich taucht einer der friedlichen Vegetarier hinter uns im Gebüsch auf und schaut fast neugierig zu, wie wir vor ihm zurück weichen. Dabei kaut er an Blättern herum, sein kurzer Rüssel hüpft hin und her.
Rodolfo lenkt unsere Blicke nach oben, in die Baumkronen des Urwaldes. Faultiere bewegen sich wie in Zeitlupe von Ast zu Ast. Verwunderlich, wie sich die Vegetarier mit ihren zwei bzw. drei Zehen an den dünnen Ästen halten können. Und von weitem hört man schon die Brüllaffen mit ihrem lauten Organ. Ihre Rufe klingen bis zu fünf Kilometer weit.
Die Wanderung von La Sirena nach Carate
Den Großteil der 18 Kilometer legen wir direkt am Strand zurück. Das fühlt sich an, als ginge man zwei Schritte nach vor und einen wieder zurück. Die kurze Pause an einem kleinen Fluss im Dschungel kommt mir gelegen. “Hier könnt ihr euer Wasser auffüllen”, ruft Rodolfo von der anderen Seite des Flusses. Verwirrte Blicke in der Trekkinggruppe, bis Rodolfo beiläufig auf den Fluss zeigt, während er seine Wasserflasche in der Strömung auffüllt. Zwölf Kilometer liegen noch vor uns, Wasser ist Wasser. In dieser Pause bekommt Fallobst eine andere Bedeutung. Fallobst ist hier zum Beispiel eine Kokosnuss, die von der Palme fällt und liegen bleibt. Rodolfo schindet großen Eindruck bei seinen weiblichen Gästen, als er sie mit einem Messer fachmännisch öffnet. Wir trinken frisches Kokoswasser und knabbern das Fruchtfleisch aus der Schale.
Rucksack auf die Schultern, auf die Beine, fertig – los. Die Fußsohlen brennen, eine Welle überrascht mich und füllt mir die Schuhe bis zum Rand mit Salzwasser. Nur keine Müdigkeit zeigen. Die Wanderung verlangt mir all meine Kräfte ab. Weniger aufgrund der Länge der Strecke, sondern aufgrund des sandigen Bodens und der Sonne, die auf uns herab brennt. Und dann ist da noch der Wunsch, die Natur rund um mich aufzusaugen. Das Laufen auf Sand und unbekanntem Untergrund verlangt unsere gesamte Konzentration.
Fotoshooting mit Spidermonkeys
Aufmerksam blicke ich auf den Weg und übersehe beinahe die Affenfamilie, in der wir uns plötzlich wiederfinden. Die Spidermonkeys sind neugierig auf die menschlichen Besucher und schauen schüchtern von den Bäumen herab. Ein paar mutige Äffchen klettern zu uns hinunter und sitzen mir nun auf Augenhöhe, um für meine Kamera zu posieren.
Noch zwei Kilometer im Wald, dann geht es für den Rest des Weges wieder an den Strand. So bekommt dieser für uns eine völlig neue Bedeutung: Statt Entspannung am Hotelstrand heißt es für uns doppelte Anstrengung neben Meeresrauschen, Bananensträuchern und wilden Kokospalmen. Wir sehen nur einen ewig langen, einsamen Streifen hellbraunen Sand und das Meer. Hier gibt es keine Abwechslung, die restlichen Kilometer bestehen aus der einseitigen Belastung unserer Beine und Hüften und aus einer Strandkulisse, wie sie für Werbeaufnahmen nicht hätte schöner sein können. Hier führt keine Straße her, die eigenen Beine sind das einzige Fortbewegungsmittel.
Strand, Meer, Sonne, Dschungel und wir mitten drin
Mittlerweile haben wir die Mittagsstunde erreicht, das Glühen der Sonne wird beinahe unerträglich. Doch immer, wenn ich denke, meine Kräfte lassen mich im Stich, kommt ein anderes Naturwunder Costa Ricas daher. Bunte Aras, die über uns hinweg gleiten und ihre Schreie zum Besten geben, Brüllaffen, die wir zwar vom Strand aus nur selten sehen, aber lange hören können, das türkise Meer, das sich lautstark an unserem Strand bricht und Schalenkrebse, die sich scheu in ihr Haus zurückziehen oder sich im Sand eingraben, als sie die Erschütterung unserer Schritte spüren.
Als wir nach acht Stunden und 40 Minuten in der Zivilisation in Carate ankommen, brennen unsere Fußsohlen, die Hüften schmerzen, wir haben einen Sonnenbrand auf der Nase und Rückenschmerzen von der Last des Rucksackes. Wir haben das Paradies durchwandert. Wir haben Tiere gesehen, die nicht jeder zu Gesicht bekommt, ein Fotoshooting mit Spidermonkeys veranstaltet, uns auf hängenden Bäumen ausgeruht, eine Kokosnuss verspeist, Wasser aus dem Fluss getrunken und dabei mit Rodolfo Spanisch gelernt. Wir kaufen uns eine gekühlte Fresca (Sprite auf Costaricanisch) und ziehen uns feierlich die Schuhe aus. (Daniela Nowak, kofferpacken.at)