Weissensee: Den Touristen auf die Finger klopfen

Weissensee in Kärnten
Glasklare Sache: der Weissensee in Kärnten
Im Naturpark Weissensee in Kärnten sorgen einheimische Persönlichkeiten dafür, dass Tourismus und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen.

In der Tourismusregion Weissensee ist es wie überall eine ewige Gratwanderung: Einerseits Geld verdienen, andererseits authentisch bleiben, Umwelt und Ursprünglichkeit bewahren. Tourismusgebiete im In- und Ausland haben im Geldrausch übersehen, langfristig zu denken. Und das zu schützen, was sie eigentlich so wertvoll für den Tourismus gemacht hat: Natur, Brauchtum und eine traditionelle Lebensweise. Ein internationales Beispiel dafür ist die Region um Sapa in Vietnam.

Wolken spiegeln sich am Weissensee in Kärnten.
Weissensee: zwischen Himmel und Wasser

Vorzeigeregion Weissensee

Aber es gibt auch Vorzeigeregionen, die vieles richtig zu machen scheinen. Dazu zählt der Naturpark Weissensee in Kärnten (einem Bundesland, in der es übrigens auch für Genussfreudige viel zu Entdecken gibt). So gut wie alle Bewohner der gleichnamigen 800-Seelen-Gemeinde leben teilweise oder ganz vom Tourismus.

Gleichzeitig ist der Weissensee nicht nur der höchstgelegene Badesee Österreichs, sondern auch einer der saubersten. Zwei Drittel des Ufers sind unverbaut und von Wald und Wiesen umsäumt. Die Region um den See ist Naturpark und deshalb besonders sensibel. „Wir wollen hier keinen Ballermann, sondern unsere wunderbare Natur schützen und erhalten“, so drückt es Naturpark-Obmann Franz Schier aus.

Blühende Wiese am Weissensee in Kärnten.
Die Wiesen rund um den See werden nicht gedüngt, damit die Trinkwasserqualität erhalten bleibt.

Weissensee: keine Uferstraße, keine Motorboote

Im Alltag ist das sicherlich nicht immer einfach und verlangt viel Engagement ab. In einer so kleinen Gemeinde gibt es unzählige Berührungspunkte, natürlich auch unterschiedliche Interessen. Tourismusverband, Gemeindepolitik, Vereine – man hat das Gefühl, fast jeder ist Obmann oder Obfrau in irgendeinem Ausschuss oder einer Arbeitsgemeinschaft. Es wird über Umweltschutz, Verkehr, Landwirtschaft und Tourismus diskutiert – und wie man das alles unter einen Hut bringt.

Dass nicht immer alle einer Meinung sind, ist klar. Aber vieles wurde schon erreicht: Bereits vor Jahrzehnten entschied man sich bewusst gegen eine durchgehende Uferstraße, Motorboote am See sind verboten, die Feuchtwiesen um den See werden nicht gedüngt. Wildbaden ist ebenfalls nicht erlaubt, dafür haben alle Gästehäuser und Hotels einen eigenen Seezugang.

Fischer am Weissensee
Fischen ist am Weissensee erlaubt, jeder Fang muss aber aufgezeichnet werden.

Damit der über die Jahre entstandene nachhaltige Tourismus weiterhin besteht und sich weiterentwickeln kann, klopfen die Weissenseer ihren Gästen immer wieder bewusst auf die Finger. Gekonnt und auf eine liebevolle Art und Weise. Das fängt im Hotel an („Wenn Sie es im Zimmer zu warm haben und das Fenster öffnen, vergessen Sie nicht darauf, die Heizung abzudrehen“) und endet beim Prospekt für Angelfreunde („Der Weissensee ist ein komplexes Ökosystem, das sehr vorsichtig behandelt werden muss“).

Weissensee-Hotelier: “Die Gäste akzeptieren das”

Hannes Müller, Hotelier und Haubenkoch im Hotel und Restaurant Die Forelle nimmt sich jeden Tag eine Dreiviertel Stunde Auszeit mit der Familie für ein gemeinsames Mittagessen. Auch das ist für ihn Nachhaltigkeit. Wenn es der Familie gut geht, geht es auch den Gästen gut. „Die Gäste akzeptieren das, weil es authentisch ist“, sagt er.

Der Begriff Nachhaltigkeit werde seiner Meinung nach sowieso inflationär ge- und von der Industrie missbraucht. „Eigentlich geht es ja nur darum, ein bisschen vorauszudenken: Was passiert, wenn ich wie handle?“ Um Energie zu sparen, hat er eine Photovoltaik-Anlage angebracht und heizt mit Hackschnitzel. In seiner mit zwei Hauben ausgezeichneten Küche kocht er ausschließlich auf dem Holzofen, und zwar mit saisonalen Zutaten aus der Region.

Berfsfischer Martin Müller vom Weissensee
Martin Müller, der einzige Berufsfischer am Weissensee. Foto: Ferdinand Neumüller.

Ein anderer, der erfolgreich seinen Brotberuf mit nachhaltigem Handeln verbindet, ist Martin Müller. Er betreibt eine Fischzucht und ist gleichzeitig der einzige Berufsfischer am Weissensee. Seine Fischprodukte verkauft er an Gastronomen in der Region sowie in seinem Laden an Laufkundschaft. Der studierte Fischökologe kontrolliert gleichzeitig das ökologische Gleichgewicht im See. Wie häufig er Wildfang betreibt, also mit Netz im See fischt, hängt vom aktuellen Fischbestand ab. „In den Sommermonaten fahre in zwei, drei Mal pro Woche raus um nach Reinanken zu fischen“, sagt er.

Bootsbau Domenig am Weissensee, Michael Winkler
Michael Winkler baut am Weissensee traditionelle Holzboote.

Wenn Müller raus auf den See fährt, dann in einem traditionellen Flachboot von Michael Winkler. Auch er ist ein Unikat – weit über den See hinaus. Winkler ist einer der letzten Bootsbauer in Österreich. Jedes Stück wird von Hand gefertigt, das dauert bei normaler Ausführung um die zwei Wochen. „Das Holz dafür stammt von den Lärchen, die in der Region wachsen“, erklärt er.

Zukunft: Urlaub ohne Auto?

Eine der nächsten Herausforderungen, die die Region angenommen hat, ist das Thema Sanfte Mobilität. Der Naturpark Weissensee ist Mitglied der Alpine Pearls, ein Netzwerk von Regionen, die sich einem umweltschonenden, autofreien Tourismus verschreiben. In Österreich sind bisher vier Gemeinden mit von der Partie, darunter auch Werfenweng in Salzburg, wo man herrlich autofrei wandern kann.

Für umweltbewusste Urlauber heißt Sanfte Mobilität: Sie können mit der Bahn anreisen und sich gratis vom Bahnhofs-Shuttle abholen lassen, mit dem E-Bike oder Segway unterwegs sein, und den Naturpark-Bus nutzen. Aktuell reist noch die überwiegende Zahl der Touristen mit dem eigenen Auto an, das soll sich langsam ändern: Ziel ist es, dass langfristig 15 Prozent aller Gäste per Zug kommen. Was am Weissensee als nächstes ansteht, darüber brüten einige Bewohner sicherlich schon jetzt.

Koffer packen und los geht's

Höchster Badesee Österreichs
Der Weissensee liegt auf 930 Meter Seehöhe und ist damit der am höchsten gelegene Badesee Österreichs. Mehr Infos gibt’s beim örtlichen Tourismusverband.

Umweltfreundliche Anreise per Zug
Über Spittal an der Drau nach Greifenburg. Von dort mit dem Shuttle-Taxi an den Weissensee. Für Gäste, die ihre Unterkunft in einem der Mobilitätspartner-Betriebe gebucht haben, ist der Shuttle kostenlos. Außerdem im Erlebnispass mobil + inkludiert: Naturparkbus und Abendrufbus, Wanderbus, Preisnachlass auf E-Bikes.

 

Offenlegung
kofferpacken.at war drei Tage lang auf Einladung der NLW Tourismus Marketing GmbH (Region Nassfeld-Lesachtal-Weissensee) unterwegs.

2 Kommentare

  • Schöner Artikel, bei dem ich gleich wieder Fernweh bekomme! Ich war letztes Jahr am Weissensee (im Winter zum Eislaufen) und möchte heuer unbedingt wieder hin. Gerade das naturbelassene und die unverdauten Uferabschnitte haben mir dabei gefallen. Das macht den Weissensee zu einem herrlich ruhigen Erholungsort.

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