Nur einen Katzensprung von den prächtigen Tempeln von Siem Reap entfernt findet man sich im kambodschanischen Alltag wieder: Sandige Pisten, einfache Bambushütten ohne Zugang zu sauberem Wasser, Berge von Müll, streunende Hunde. Kinder, die Postkarten verkaufen oder Restaurantgäste um Essen anbetteln. Mütter, die ihre Kleinkinder für ein paar Dollar pädophilen Urlaubern überlassen.
Wer durch Kambodscha reist, ist an vielen Orten mit der Armut konfrontiert. Sie hat das Land – nach jahrzehntelangen Bürgerkriegen und dem Völkermord der Roten Khmer – noch immer fest im Griff. Die Luxushotels in der Touristenstadt Siem Reap, Ausgangspunkt für den Besuch von Angkor Wat, mögen zwar einen anderen Eindruck vermitteln. Aber: „Die Provinz Siem Reap ist sehr arm, man muss nur ein paar Kilometer außerhalb der Stadt fahren, um das zu sehen“, sagt Lanh Sokha, Mitarbeiter der Organisation ConCERT. „Manche Familien verdienen weniger als einen US-Dollar pro Tag. Es gibt weder Bildung noch Arbeit, der Boden ist sehr trocken.“ Die meisten Kinder am Land haben keine Möglichkeit, weiterführende Schulen zu besuchen. Mehr als 40.000 Kinder sterben jährlich in Kambodscha an Krankheiten, die vermeidbar wären.
Volunteer-Tourismus kann helfen – kann
Die Wirtschaft in der Provinz Siem Reap hängt stark vom Tourismus ab. Und genau der kann die Lage der Einheimischen verbessern – kann. Viele Reisende sind von den Dingen, die hier vor sich gehen, geschockt. Sie entscheiden sich vor oder während ihres Aufenthaltes, freiwillig in einem der zahlreichen Projekte mitzuarbeiten. Die richtige Organisation zu finden, ist gar nicht so einfach: Allein in Siem Reap gibt es angeblich mehr als 400 NGOs (Nicht-Regierungsorganisationen). In ganz Kambodscha sollen es mehrere Tausend sein, wobei viele davon nicht aktiv sind.
Dschungel an sozialen Projekten in Kambodscha
Mit den Jahren hat sich ein wahrer Dschungel an sozialen Projekten, Kinderheimen und Organisationen gebildet. „Das ist ein großes Problem. Manche dieser Organisationen sind gut, andere weniger. Manche wollen Probleme lösen, andere Geld verdienen“, sagt Sokha. Gerade einheimische Organisationen haben oft ein etwas anderes Verständnis davon, was Non-Profit bedeutet. Viele Reisende haben gute Absichten – wenn sie aber im falschen Projekt landen, können sie mehr Schaden anrichten als helfen. Zum Beispiel Einheimischen Jobs nehmen, fragwürdige Projekte unterstützen oder die Abhängigkeit von außen erhöhen statt verringern.
Was macht eine gute Volunteer-Organisation aus?
„Eine gute Organisation für Freiwilligenarbeit muss sehr spezifische Ziele definiert haben, wie sie Kambodscha dabei helfen will, sich weiterzuentwickeln“, erklärt Sokha. Die Einheimischen sollten dabei unterstützt werden, die Dinge künftig selbst in die Hand nehmen zu können, unabhängiger und eigenständiger zu werden. Außerdem sollte die Rolle der Freiwilligen gut definiert sein und die Aufgaben mit deren Fähigkeiten übereinstimmen. Und, wer sich für Freiwilligenarbeit entscheidet, dem muss klar sein: Volunteering ist eine ernsthafte Sache, ein unbezahlter Job, der anstrengend und emotional aufreibend sein kann. Die Organisation ConCERT versucht, Licht ins Dickicht zu bringen: Sie informiert Besucher über Möglichkeiten, zu helfen, und vermittelt Freiwilligenarbeit.
Keine Zeit für Volunteering? Es gibt andere Wege, um zu helfen.
Wer keine Zeit für einen längeren Aufenthalt hat, kann auch auf anderen Wegen Gutes tun. In Kambodscha, vor allem in Siem Reap, gibt es zahlreiche Shops, Restaurants und Touranbieter, die die Menschen in den Dörfern der Umgebung unterstützen. Auch mit einer reinen Geldspende kann man Sinnvolles tun: Vom Moskitonetz über den Wasserfilter bis zum lebendigen Ochsen wird vieles gebraucht.
Koffer packen und los geht’s:
- Auf www.concertbambodia.org gibt es Tipps und Ratschläge zum Thema Freiwilligenarbeit in Kambodscha.
- ConCERT bietet künftigen Volontären zwei Möglichkeiten, um aktiv zu werden:
–>Interessierte können sich online durch die Mitglieder-Organisationen stöbern und kostenlos ein passendes Projekt auswählen.
–>Wer Unterstützung, Vermittlung und Begleitung möchte, kann dies vorab online (350 USD) bzw. kurzfristig vor Ort (200 USD) in Anspruch nehmen.
Shops, Restaurants und Projekte in Siem Reap, die soziale Projekte unterstützen:
- Sister Sreiy Café: Eröffnet von zwei Schwestern aus Australien. Sie ermöglichen ihrem Personal, Englisch zu lernen und zu studieren. Neben leckerer, aber nicht ganz billiger Küche gibt es reichlich Informationen über Volunteer-Möglichkeiten in Siem Reap und Umgebung. Außerdem ist hier ein Mitarbeiter der Organisation ConCERT stationiert, um Fragen rund um das Thema Volunteering zu beantworten.
- Peace Café: Unterstützt Communiy-Projekte, verkauft lokal und fair produzierte Waren.
- Haven: Restaurant, das Waisenkinder eine gastronomische Ausbildung ermöglicht.
- Angkor Hospital for Children: Besuch des Informationszentrum, Blutspenden.
- Osmose/Saray Shop: Hier gibt es von einheimischen Frauen angefertigte Produkte wie zum Beispiel Körbe zu kaufen; Teilnahme an einem Web-Workshop.
- Zirkus Phare Ponleu Selpak: Das Projekt unterstützt Kinder und junge Erwachsene auf vielen Wegen, zum Beispiel in der Ausbildung. In der zugehörigen Kunstschule können sie sich künstlerisch entwickeln, in der Zirkusschule werden Jonglieren, Akrobatik, Tanz etc. für die Zirkusauftritte vermittelt.