Das zwischen Spanien und Frankreich eingequetschte Fürstentum ist mit dem Bus von Barcelona aus in drei Stunden zu erreichen und wartet mit zahlreichen Kuriositäten auf.
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Der Bus rattert und schnattert, keucht Kurven hinauf und pfeift Serpentinen hinunter. Kein Wunder, dass er sich schwer tut. Das gerade mal 31 Kilometer lange und 26 Kilometer breite Fürstentum Andorra besteht aus immerhin 65 mehr als 2.000 Meter hohen Berggipfeln. Die tiefen Schluchten und Täler mit ihren Ortschaften und kleinen Dörfern rufen heimatliche Gefühle hervor, aber Klima, Vegetation und Baustil erinnern daran, dass man mitten durch die Pyrenäen kurvt.
Fastfood auf 1000 Meter Seehöhe
Auf knapp über 1.000 Höhenmeter befindet sich in der Hauptstadt Andorra la Vella eine der wahrscheinlich am höchsten gelegenen McDonalds-Filialen Europas. An das Stadtbild selbst sollte der Reisende keine allzu hohen Erwartungen stellen. Wer alpine Dörfer und rustikale Holzbalkone gewohnt ist, kann sich nur schwer mit den Wohnblocks und Hochhäusern anfreunden, die im grün schimmernden Talkessel liegen, als hätte man sie an der falschen Stelle fallen gelassen. Aber auch kleine verschlafene Dörfer, eingebettet in glänzende Tabakfelder, findet man auf den zweiten Blick.
Parlament aus Stein
Besonders ins Auge fällt das wahrscheinlich am höchsten gelegene – und vielleicht auch das ungewöhnlichste – Parlament Europas, das La Casa de la Vall, das “Haus des Tales”. Das Gebäude wurde 1580 errichtet und war damals noch im Besitz einer Familie. Von außen sieht es aus wie ein großes Einfamilienhaus aus unverputztem Stein und mit hölzernen Fensterläden. Im “Generalrat der Täler” sitzen 28 Abgeordnete, die Parlamentswahl im April 2011 entschied die damals neu gegründete Oppositionpartei “Demokraten für Andorra” für sich. Der Zwergstaat hat übrigens erst seit knapp 20 Jahren eine Verfassung.
Hier regieren die Ausländer
Die politische Situation basiert auf einer weiteren ungewöhnlichen Tatsache: Als einziges Land der Welt agieren hier zwei ausländische Amtsträger gleichzeitig als Staatsoberhaupt, nämlich der Bischof des spanischen Bistums Urgell und der Präsident von Frankreich. Nur der Regierungschef selbst kommt aus Andorra, seit Mai 2011 hat Antoni Martí diese Funktion über. Der Zwergstaat ist übrigens das einzige Land der Erde mit Katalan als Amtssprache.
Noch eine Kuriosität: Zwei Drittel des 85.000-Einwohner-Staates sind Ausländer mit Aufenthaltsrecht, haben also keine Staatsbürgerschaft. Die meisten von ihnen kommen aus Spanien, viele auch aus Portugal und Frankreich.Das Land in den Pyrenäen ist darüber hinaus für seinen florierenden Wintertourismus und als Steueroase bekannt. Immerhin existieren hier weder Einkommens- noch Kapitalertrags-, Erbschafts- oder Körperschaftssteuer. So wird auch ein Finanzamt überflüssig. Aufgrund der niedrigen Umsatzsteuer wuselt es in den Einkaufsstraßen nur so vor Shopping-Touristen, die günstigen Schmuck, Parfum und Kosmetikartikel erstehen.
Kein Bahnhof, kein Flughafen
Am besten reist man über die spanische Metropole Barcelona nach Andorra. Die Fahrt mit dem Bus dauert rund drei Stunden. In Andorra gibt es weder einen Flughafen noch Züge oder eine Autobahn – immerhin besteht die knapp 500 Quadratmeter große Landesfläche zu einem großen Teil aus Bergen, mehr als ein Drittel Andorras liegt oberhalb der Waldgrenze. Vielleicht liegt es ja an der relativ unverpesteten Höhenluft, dass die Menschen mit fast 83 Jahren überdurchschnittlich alt werden? (Maria Kapeller, kofferpacken.at)