Fotos: Lukas Ilgner – www.lukasilgner.at
Es besteht wohl ein Zusammenhang zwischen sanften, ruhigen Landschaften und Menschen mit außergewöhnlichen Charakterzügen. Womöglich formen naturbelassene Orte ihre Bewohner zu eigensinnigen Typen. Vielleicht ist es die Ruhe und Stille solcher verlassenen Gegenden, die einen dazu bringt, sich intensiv einer Sache zu widmen und in vollkommener Leidenschaft darin aufzugehen. So sehr, dass man auf Fremde wie ein Exot wirkt. Ein bunter Paradiesvogel, in dieser vom großen Tourismusboom links liegen gelassenen Region namens Mittelkärnten.
Café-Betreiber Harald Taupe: “Kaffeerösten ist Gefühlssache”
Harald Taupe ist gerne Exot, wahrscheinlich kann er gar nicht anders. Er war und ist viel in der Welt unterwegs, aber in der Heimat zuhause – der Genussregion Mittelkärnten. Sein Kaffeehaus „Taupes Genussschmiede“ ist am Wochenende the place to be in St. Veit an der Glan. Taupe ist einer von wenigen Kaffeeröstern in ganz Kärnten. Die Idee dazu ist ihm im Jahr 2003 bei einer Reise nach Costa Rica gekommen.
„Ich habe dort eine Kaffeerösterei besucht“, erzählt er, „die sprachen kein Englisch und ich kein Spanisch – aber wir haben uns verstanden“. Seit vielen Jahren röstet er selber Kaffee, langsam und bei niedriger Temperatur. „Kaffeerösten ist Gefühlssache“, ist er überzeugt, „ich kann genau hören, wenn sich die Schale von der Bohne löst.“ Eingekauft wird bei kleinen Produzenten in Ländern wie Kolumbien, Guatemala oder Äthiopien.
Zeit. Muße. Abwarten können. Auch beim Backen des Kärntner Reindlings sind Tugenden wie diese gefragt. Bei Harald Taupe wird der Kuchen mit einer Füllung aus Zimt, Zucker und Rosinen heute wieder wie vor 100 Jahren gebacken. Das heißt: In einer handgefertigten Keramikform ohne Loch in der Mitte. Der Teig wird händisch nachgeknetet, denn „es gibt kein besseres Werkzeug als die Hand“. Danach wird die traditionelle Mehlspeise langsam und in kleinen Formen gebacken. Das bedeutet für den Bäcker mehr Arbeit, dafür wird der Reindling innen weich und außen knusprig. Eben typisch für die Genussregion Mittelkärnten.
Kraftplatz in der Genussregion Mittelkärnten: der Magdalensberg
Eine kulinarische Reise durch die Genussregion Mittelkärnten bringt traditionelle Kärntner Spezialitäten näher. Sie kann ganz unverhofft auch zur Zeitreise werden. Zum Beispiel bei einer Besichtigung der zahlreichen Burgen oder beim Spazieren über mittelalterliche Marktplätze. Wie die Römer vor rund 2.000 Jahren in der Region lebten, ist in der Ausgrabungsstätte „Stadt auf dem Magdalensberg“ nachvollziehbar.
Das alltägliche Leben der in Flachs und Schafwolle gekleideten Siedler bestand aus den unterschiedlichsten Arbeiten: Getreide wurde mit großen Mühlsteinen von Hand gemahlen, Geschirr und Ziegeln wurden aus Ton gefertigt, Wein gekeltert und in Amorphen gefüllt. Neben farbintensiven Wandmalerien auf Marmormehl ist auch noch das öffentliche Bad mit in den Stein gehauenen Kleiderkästchen erhalten.
Der Magdalensberg in der Genussregeion Mittelkärnten, an dem sich schon vor mehr als zwei Jahrtausenden erst die Kelten und dann die Römer niederließen, gilt auch heute noch als Kraftplatz. Vom 1.059 Meter hohen Gipfel aus blickt man weit über die Täler und die umliegende Bergwelt hinweg.
Innehalten in der Genussregion Mittelkärnten: Stift St. Georgen
Kraft tanken. Das geht auch im Stift St. Georgen am Längsee in der Genussregion Mittelkärnten. Das ehemalige Benediktinerinnenkloster liegt auf einer Anhöhe über dem See, umgeben von einem Naturlerlebnisgarten mit Wildblumen, Sträuchern und Bäumen. Am „Weg der Orientierung“ macht man an verschiedenen Stationen Halt, etwa an einem Labyrinth aus Lavendel.
Wer sich nach Ruhe sehnt, bewusst ein paar Tage allein verbringen und seinen Gedanken freien Lauf lassen möchte, findet hier vielleicht, wonach er sucht. Tagsüber spaziert man um den Längsee, abends blickt man über Wiesen und Felder auf die untergehende Sonne am Horizont, nachts legt man sich in einem Zirbenholzbett zur Ruhe.
Küchenchef Gottfried Bachler: “Lasse mir nichts einreden”
Zurück zu den Exoten. Wenn einer ein Paradiesvogel ist, dann Gottfried Bachler. Der Küchenchef versteckt sich nicht hinter dem Herd, sondern ist erstaunlich oft im Gastraum anzutreffen. Sobald der Mann mit dem Ziegenbart und dem verschmitzten Lächeln den mit dunklem Holz vertäfelten Raum betritt, kommt Schwung in die Bude. Bachler flaniert von Tisch zu Tisch, ein Plauscherl hier, ein Scherzerl da.
Seit mehr als drei Jahrzehnten betreibt er mit seiner Frau Ingrid das Kulturwirtshaus Bachler in Althofen. Sie war im Jahr 2016 die Ideengeberin für den „Marktplatz Mittelkärnten“, ein Zusammenschluss von Gastronomen, Landwirten und Handwerken aus der Umgebung, dem auch Kaffeeröster Taupe angehört. „Unsere gemeinsame Klammer ist die Liebe zur Region, wir möchten zusammen einen Stolz dafür entwickeln“, erklärt Gottfried Bachler im Zuge der kulinarischen Reise.
Dann eilt er wieder in die Küche. Kärntner Spezialitäten neu interpretieren. Mousse von der geräucherten Forelle zaubern. Eine Variation aus roten Rüben und Frischkäse. Cremige Süppchen von Gansl und Kürbis. Saibling mit Schwammerlrisotto und Ganslbrust mit kreativ gefüllten Knödeln und Rotkraut.
Bei jedem einzelnen Bissen schmeckt man, dass nur ausgewählte heimische Zutaten verwendet werden. Bachler ist seit drei Jahrzehnten Mitglied der Vereinigung „Slow Food“. „Für mich ist das keine Mitgliedschaft, sondern eine Haltung“, sagt er. Produkte aus der Region zu verwenden, das sei für ihn selbstverständlich. „Ich möchte die Leute kennen, bei denen ich einkaufe und lasse mir nichts einreden.“
Aufbruchstimmung in der Genussregion Mittelkärnten
Während Bachler vom bis zu 17 Monate lang im Haus gereiften Rohmilchkäse schwärmt und dabei eifrig zu gestikulieren beginnt, drängt sich wiederholt der Gedanke auf, dass unaufgeregte Orte womöglich das beste Potenzial haben, um Aufregendes entstehen zu lassen. Einige der Mittelkärntner Exoten sind gerade dabei, ihre Heimat aus dem Märchenschlaf zu erwecken. Aufbruchstimmung liegt in der Luft. Kärntner Spezialitäten erobern leise die heimische Gastrolandschaft.
Schon jetzt tut sich viel Neues in der Genussregion Mittelkärnten: Im Gipfelhaus am Magdalensberg sind neue Designzimmer entstanden, ein Pool mit Weitblick sowie ein Spa wurden eröffnet. Im Stift St. Georgen am Längsee kann man im Stiftsladen handgemachte Produkte kaufen. Und unterhalb der Burg Taggenbrunn hat sich das Weingut Taggenbrunn mit Hotel und Heurigenbetrieb etabliert. Gut für die Region und die Menschen, die hier leben. Als Besucher hofft man aber insgeheim, dass auch in Zukunft zumindest ein Teil der verträumten, verschlafenen Idylle Mittelkärntens erhalten bleibt.
Koffer packen und los geht’s:
Übernachtungs-Tipp
Am Magdalensberg kann man nicht nur in einem der Zimmer im Gipfelhaus übernachten, sondern auch im renovierten Troadkasten mit Panoramablick. Der ehemalige, am Berg wieder aufgebaute Getreidekasten hat drei Etagen mit Wohnzimmer, Schlafzimmer und Wellnessbereich.
****
Offenlegung
Vielen Dank an die Tourismusregion Mittelkärnten für die Einladung sowie an Mazda Austria für die Bereitstellung eines Mazda CX-5 für die Reise.
So ein schön recherchierter artikel danke! Super zum Nachreisen.
Viel Spaß beim Nachreisen 🙂