Beim Eintritt in das Wikingerdorf lässt man zumindest einen Teil der Gegenwart draußen. Gewänder aus Jute, Holzhütten und Feuerstellen ersetzen iPad, Trench Coat und Co. In den Gassen raucht es, es werden Wassertröge ins Haus getragen. Segel werden ausgebessert und genäht.
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In einer Hütte schlafen zwei Personen. Moment … sie schlafen? Die Besucher gehen unbeirrt ein und aus und begutachten die Hütte. “Die weltweit einzige reale Nachbildung eines Wikingerdorfes” heißt es im Reiseführer, doch so real?
Wikinger auf Zeit
Ein Mann im gelben Beinkleid bläst fest in ein Horn, doch es tut sich nichts. Nur einer geht zu ihm. Sie unterhalten sich auf Schwedisch und lachen. Das ist meine Chance: „Entschuldigung, darf ich euch etwas fragen? Lebt ihr hier?“ Sie lächeln freundlich und der Mann mit dem Horn erklärt: „Ja, es leben tatsächlich Wikinger hier. Ich nicht, ich arbeite hier tagsüber als Schauspieler. Aber wir haben auch Leute, die hier leben!“ Der Mann mit dem langen blonden geflochtenem Zopf und Vollbart stimmt zu: „ Wir haben derzeit ein paar Leute aus Frankreich und auch aus Deutschland, die hier leben. Neulich war eine ganze Familie drei Wochen hier. Sie haben ihren gesamten Urlaub hier verbracht!“ Er erklärt mir, dass jeder im Dorf eine Rolle hat: „Nicht nur wir Schauspieler, die nach Hause gehen, wenn die Touristen weg sind. Auch die Besucher, die hier wohnen tragen zum Leben im Wikingerdorf bei. Wir zeigen ihnen welche Arbeiten gemacht werden müssen. Sie fischen in der Bucht und tragen Wikingerkleidung.“
Ich möchte natürlich wissen, welche Aufgaben die beiden haben. „Ich bin eine Art Aufseher“, sagt der Mann mit dem Horn. „Und ich bin der Lehrling des Gerbers“, erklärt der Mann mit dem Vollbart. „Warst du schon weiter vorne am großen Platz? Da üben wir mit unseren Schwertern im Kampf umzugehen. Schau, hier habe ich mich neulich verletzt, so ungefährlich ist das gar nicht“, sagt der Aufseher und zeigt auf einen Kratzer an seiner Hand. „Dann hättest du dir die Schutzhandschuhe der Wikinger anziehen müssen“, schmunzelt der Gerber-Lehrling. „Ach, ich bin ein Wikinger, mir macht das doch nichts!“
Kein Strom bis die Touristen weg sind
Sowohl die Schauspieler als auch die Wikinger auf Zeit müssen sich tagsüber an bestimmte Regeln halten. Keine Elektrizität, keine modernen Lebensmittel, kein Luxus. „Wenn du aber nur auf Zeit im Dorf wohnen möchtest, darfst du natürlich schonmal dein Handy benutzen. Aber erst, wenn die Touristen weg sind!“, so der angehende Gerber-Wikinger. „Oder du machst es ganz nach Wikinger-Art: Wenn du etwas sagen willst, dann bläst du einfach kräftig ins Horn!“, meint der Aufseher und lässt einen lauten Ton in alle Richtungen des Dorfes erklingen. Wir warten einen Augenblick. „Okay, im echten Wikingerleben wären jetzt zumindest einige Dorfbewohner den Klängen gefolgt“, lacht er.
Von Fett und Hirn
Ein starker Geruch strömt mir entgegen, und ich kann ihn nicht zuordnen. „Möchtest du es auch versuchen?“ fragt mich der Gerber und hält mir eine Spachtel entgegen, mit der er gerade eine frisch abgezogene Kuhhaut bearbeitet. „Der Gestank wird erträglicher, wenn du näher kommst“, will er mich locken. Von der Seite höre ich eine jüngere Stimme: „Naja, so stimmt das nicht. Man gewöhnt sich an den Gestank und riecht irgendwann selbst danach.!“ Der Lehrling des Gerbers mit dem langem geflochtenen Zopf und Vollbart grinst. Alles im Dorf wird so erledigt, wie es die Wikinger bis ins 12. Jahrhundert gemacht haben. „Das ist eine echte, frische Kuhhaut. Da vorne haben wir auch die Haut eines Elchs“, erklärt der Lehrling weiter. Deshalb der Geruch. „Wir schaben sie jetzt ab, das dauert nicht so lange. Wir halten die Haut immer feucht. Und dann wird alles noch gut eingefettet“, erläutert der Gerber während er Haare und Hautschichten wegschabt. „Die Natur hat es gut mit uns gemeint, wir wissen genau wie viel Fett wir dafür brauchen“, so der Lehrling. Früher wurde der Schädel der Kuh aufgeschnitten und das Hirn gekocht. Im Hirn ist viel Fett enthalten, und genau das wurde wiederum zum Einfetten des Leders verwendet. „Die Natur lässt uns hier nicht im Stich!“
Wikinger haben keine Helme mit Hörnern
Übrigens: Wer im Wikingerdorf Helme mit Hörnern sucht, der sucht vergeblich. Man findet keinen einzigen Helm hier. Wikinger haben eigentlich nie Helme getragen, weil sie viel zu teuer waren. Hörner hatten sie schon gar nicht. Wenn man mit dem Helm ins Wikingerdorf kommt und ihn auf Anfrage abnimmt, bekommt man aber ein Eis als Belohnung.
Einmal im Wikingerdorf leben? Kein Problem!
Prinzipiell kann jeder im Wikingerdorf leben und das sogar gratis. Entweder in einem Wikingerhaus oder –zelt. Wichtig ist, das Gesetz der Foteviken, des dortigen Wikingerstammes, zu respektieren. Es gibt einige Grundsätze, die streng überprüft werden: Absolut keine modernen Gegenstände während der Öffnungszeiten verwenden und auch nicht sichtbar herumliegen lassen. Keine Sonnenbrillen, Make-Up, Schmuck oder ähnliches der Moderne an sich tragen. Für seine Unterkunft ist man selbst verantwortlich und muss alles ordentlich und sauber halten – hält man sich nicht daran, wird man lebenslang gesperrt. Wichtig ist auch die Toleranz des Foteviken-Grundsatzes zu bewahren. Alle Herkünfte, Gepflogenheiten und Religionen werden respektiert. Jeder kann an der Opferstelle Opfer bringen, nur Blutopfer sind nicht erlaubt.
Koffer packen und los gehts!
Foteviken Museum Museivägen 27, S-23691 Höllviken, Sweden E-mail: info@foteviken.se
Unbedingt Kofferpacken! Sehr schön wars 🙂
Ein tolles Erlebnis! Jeder Wikinger interessierte “sollte” diesen Ort besuchen!
Oh ein Traum. Mein Mann unsere 4 Kinder und ich würden es auch gerne machen. Ob wir das auf Dauer durchhalten würden? Ist sicherlich eine große Umstellung.
Einfach mal ausprobieren 🙂
Wie kann ich das erleben im wikinger Dorf?
Was wird dort für eine Sprache gesprochen im wikinger Dorf?
Hallo Sven! Weitere Infos findest du hier: http://www.fotevikensmuseum.se/d/en
Wie lange kann man in diesem Dorf als Wikinger leben? Ich finde seit meiner Kindheit den Gedanken sehr Interessant auszusteigen und ein einfaches Leben wie früher zu führen und bin ein absoluter fan von solchen Projekten 🙂
Würde das gerne mal etwas länger z.B. 6 Monate bis 2 Jahre testen so zu leben und wenn es so sein will bei Odin will ich gerne bis zum ende so leben 🙂
Hallo Daniel! Diese Frage können wir dir leider nicht Beantworten. Die Reise ist nun schon eine Weile her. Bitte frage direkt nach: http://www.fotevikensmuseum.se/d/en – liebe Grüße, Maria
Wow, tolle Idee. 👍
Kann man auch auf ewig dort leben?
Das wissen wir leider nicht – find es heraus 🙂
Würde ich so fort machen .Ich wollte ja eigentlich nach Bork zum Wikingerstrand aber Corona macht ja alles zu nichte. Vielleicht nächstes Jahr
Hallo Norbert! Genau – vielleicht im nächsten Jahr 🙂
Hallo, ich hätte Lust mit meiner Familie und ein paar Freunden ein paar Tage mit Übernachtung dort zu leben. Wie und wo kann man sich dafür anmelden?
Hallo Enola! Der Artikel von uns ist bereits mehrere Jahre alt. Aktuelle Infos findest du auf der Website des Wikinger Museums: https://www.fotevikensmuseum.se/
Infos zu Preisen sind hier: https://www.fotevikensmuseum.se/d/en/besok/oppet
Und Infos zu Übernachtungsmöglichkeiten hier: https://www.fotevikensmuseum.se/d/en/besok/bo-ata-uppleva
Alles Gute
Maria