Der neue Trend im Tourismus: Slow Tourism. Was ist das und wie zeichnet es sich aus? Ist es denn möglich? Wir haben es versucht und zwar in der französischen Metropole Paris.
****
Je ne regrette rien – das hat schon Edith Piaf gesungen – ich bereue nichts. Und auch wir haben nichts bereut, als wir ganz nach dem Motto des „Slow Tourism“ durch Paris geschlendert sind. Langsam, nachhaltig, sinnvoll und sinnlich sind die Eigenschaften von Slow Tourism oder Slow Travel, also langsames Reisen. Ob man das in einer Großstadt wie Paris schaffen kann? Wir sagen ja! Denn es hat jeder selbst in der Hand, ob er sich vom Tempo der Metropole mitreißen lässt, oder ob man sein eigenes Süppchen kocht.
Entschleunigung im Urlaub
Was ursprünglich der Sinn des Urlaubes war, ist heute immer schwieriger umzusetzen. Man möchte viel erleben, viel sehen und so baut man sich seinen Urlaub mit vielen kleinen Bausteinen sprichwörtlich zu. Das Konzept von Slow Tourism reicht noch viel weiter, als einfach mal gemütlich eine Stadt zu besuchen, so wie es wir in Paris versucht haben.
Und doch versuchten wir in der französischen Hauptstadt, unser eigenes Tempo zu schaffen. So konnten wir mindestens genauso viel entdecken und sehen, als hätten wir uns einen straffen Plan zurecht gelegt. Paris ist eine Stadt, die man gut zu Fuß erkunden kann. Obwohl einzelne Sehenswürdigkeiten und Arrondissements, die unterschiedlichen Stadtteile, etwas weiter auseinander liegen, erfahrt man eine Stadt natürlich am besten zu Fuß.
Baguette aus einer klassischen Boulangerie
Ohne Stress ein ofenfrisches Baguette aus einer Boulangerie holen. Diese Bäckereien liegen oft an den Ecken der Straßen und liebevoll hergerichtet. Die Verkäuferinnen bemühen sich meist sehr um das Wohl ihrer Kunden und freuen sich, wenn man als Tourist versucht, Französisch zu sprechen. Zudem kann man sich hier gut und schnell ein paar leckere Éclaires für den Tag mitnehmen oder einen Flan, den es in den verschiedensten Geschmacksrichtungen gibt. Überall gibt es auch Macarons, die französischen Makronen, in allen Farben und Geschmäckern zu kaufen – sollte man unbedingt probieren.
Was in Paris auch auffällt, sind viele offene Obststände, die in riesige Shops münden. Hier bekommt man vom klassischen Apfel über Melonen und Granatäpfel bis zum Nussmix alles, was das gesunde Herz begehrt. Verhungern muss man in Paris nicht, es gibt genügend Restaurants. Für ein tolles Speiseerlebnis sollte man allerdings die Hauptstraßen verlassen, denn beim Schlendern entdeckt man oft die gemütlichsten und nettesten Lokale. Die Vielfalt der Restaurants beinhaltet neben den Klassikern der internationalen Küche auch vegetarische und vegane Restaurants.
Abseits der Touristenpfade und trotzdem mitten drinnen
Jeder kennt das Viertel Montmartre mit seiner weißen Kirche Sacre Coeur, die wie ein Häubchen Zuckerguss auf dem „Gipfel“ des Hügels steht. Rund um diesen Hügel lässt es sich gut flanieren, kleine Geschäfte, Boulangeries und Cafés laden zum Verweilen ein. Oder man setzt sich einfach auf die Stufen vor der Kirche und genießt die Sonnenstrahlen und zudem unglaublich schöne Fotospots. Obwohl man hier mitten im touristischen Geschehen ist, hat man in diesem Arrondissement so viele Möglichkeiten, die Stadt mit den kleinen Gässchen und Restaurants zu erkunden. Einfach treiben lassen und die Stadt kennen lernen.
Wem Montmartre gefällt, der sollte sich mit der U-Bahn auf den Weg nach Marais machen. Es ist ein etwas schickeres Montmartre mit vielen Galerien und Künstlern. Hier findet man zwar auch kleine liebevolle Shops, die Straßen werden jedoch dominiert von großen Markennamen. Hier trifft das klassische alte Paris auf neue Trends – es ist ein Viertel, wo es sich auszahlt, sich einfach in ein Café am Eck zu setzen und aus dem Fenster zu sehen. Noch dazu erhält man hier von den Parisern quasi eine gratis Modenschau dazu!
Klassische Sights
Egal ob man das erste Mal in Paris ist, oder schon dort war. Es ist immer wieder ein Genuss, den Eiffelturm zu sehen und auch einen Blick auf die klassischen Sehenswürdigkeiten zu werfen. Um das Ganze gemütlich anzusehen, warten am Place de la Concorde stets Rikscha-Fahrer auf Kundschaft. Hier gibt es nicht nur herkömmlichen Taxi-Dienst, sondern auch Touren. Ein Tipp: Vorher mit dem Rikscha-Fahrer einen Preis verhandeln und jemanden suchen, der auch Englisch spricht. Dann erzählen die Rikscha-Fahrer nämlich gerne etwas von ihrer Stadt. Auch so kann man eine Metropole erfahren und ist dabei mitten drin – jedoch ohne Stress.
Wer auf den Eiffelturm möchte, sich aber die Stufen und stundenlanges anstehen ersparen möchte, der sollte einige Zeit vor seinem Aufenthalt checken, ob es noch möglich ist, einen Tisch in einem der beiden Restaurants mit Aussicht zu reservieren. Dann kann man nämlich getrost an allen Schlangen vorbeigehen und direkt mit dem Lift hochfahren.
Auf dem Wasser erleben
Um die schmerzenden Beine zu entlasten, und trotzdem etwas zu sehen, bietet Paris Seine-Bootsfahrten an, die direkt im Zentrum viele schöne Seiten der Stadt zeigt. Natürlich sieht man den Eiffelturm, die Oper, Kunstmuseen, die Kirche Notre Dame und viele weitere Ecken mit historischen Erklärungen. So bekommt man einen ganz anderen Blickwinkel auf Paris – und nicht nur in Paris werden solche Fahrten angeboten. Beinahe jede große europäische (und auch amerikanische Stadt) bietet Bootsfahrten dieser Art an. So kann man entspannen, lernen und entdecken gleichzeitig.
Urlaub bleibt Urlaub
Dass der Urlaub ein Tapetenwechsel vom Alltag sein soll, ist klar. Dass der Urlaub mit Aufregung und Erlebnissen in Erinnerung bleiben soll auch. Er soll aber nicht in Erinnerung bleiben mit stressigen Sprinten von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten, mit schmerzenden Füßen und schlechten Pizzerien in den Metropolen dieser Welt. Nimmt man sich bewusst Zeit für eine Urlaubsdestination und geht ganz gemütlich an das Entdecken heran, so kann man mindestens genauso viel sehen, als würde man von Museum zu Museum hetzen. Man braucht keinen minutiösen Plan. Vielleicht auch einmal versuchen, ganz ohne Reiseführer und evt. auch ohne Stadtplan loszuziehen. So entdeckt man eine Stadt genauso wie sie ist und lässt sich von einem Schmankerl zum nächsten leiten. Ganz einfach, gemütlich und ohne Stress. (Daniela Nowak, kofferpacken.at)
Langsam, nachhaltig, sinnvoll und sinnlich reisen – das ist Slow Tourism. kofferpacken.at hat es in Paris getestet.
Slow Tourism ist nicht erst heute entstanden. Doch mit der Schnelllebigkeit der heutigen Zeit rückt dieser Aspekt wieder in den Vordergrund. Eine langsame Anreise wie beispielsweise mit dem Zug anstatt des Flugzeuges zählt zu den Merkmalen von Slow Tourism. Im Vordergrund steht jedoch, sich Zeit zu nehmen für sich selbst und die Destination an sich. Es gibt hier viele Ausprägungen und mittlerweile kristallisieren sich eigene Slow Cities heraus. Wer sich näher mit dem Thema befassen möchte, sollte einen Blick in „Slow Travel“ werfen, das Buch von Dan Kieran, eines eingefleischten Slow Travellers, das 2013 erschien.