Wir haben im Salzburger Lungau drei echte Typen getroffen. Einer davon ist riesengroß, überaus beliebt und hat nichts als Holz im Kopf.
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Glamour und Promidichte manch anderer Bergsport-Regionen in Österreich sind hier allenfalls Randerscheinungen: Im Lungau, dem südlichsten Gau Salzburgs, ticken die Uhren gemächlicher. Hier sind die Einheimischen die Stars, hier fühlt man sich geerdet. Nicht wie in Watte verpackt, sondern mitten drin im Geschehen. Zwischen Almwiesen, Gipfeln und Bergseen wird Brauchtum gelebt, bei Kirtagen und Umzügen ist der ganze Gau auf den Beinen. Ende August wurde der Salzburger Bauernherbst im Lungau eröffnet – wir waren dabei, und haben drei echte Typen getroffen:
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Samson und sein Gefolge Er ist uralt, riesengroß und hat nichts als Holz im Kopf: Der Lungauer Samson ist eine mehrere Hundert Jahre alte Holzfigur. Jeder Ort hat seinen eigenen Samson, und alle sind davon überzeugt, dass ihrer der Schönste ist.
Samson ist eine alttestamentarische Figur, die früher dafür eingesetzt wurde, Geschichten aus der Bibel für Analphabeten nachzuspielen. Heute darf er auf keinem größeren Fest fehlen, so auch bei der Eröffnung des Bauernherbstes. Getragen wird das vier bis sieben Meter hohe und bis zu 80 Kilogramm schwere Holzgestell von einem kräftigen Burschen, der nicht älter als 30 Jahre sein darf. Das Samsontragen wurde von der UNESCO ausgezeichnet.
Der Wirt und die Kunst des Schafaufbratlns Im Herbst wird im Lungau “Schöpsernes” aufgetischt: Beim Schafaufbratln werden ausschließlich Schafe verwendet, die den Sommer auf der Alm verbracht haben. Das Fleisch schmeckt dann zart und “schafelt” nicht.
Auch Max Kandolf serviert es in seinem Gasthaus. Als Beilage gibt es Eachtling, Lungauer Kartoffeln, Grantn – so heißen die Preiselbeeren hier, und Semmelkren. “Ich nehme mir für die Zubereitung des Bratens zwei Tage Zeit”, sagt der Wirt. Denn: “Ich serviere nichts, was ich selbst nicht essen würde.” Das Schmähführen gehört eben zum Wirt-Sein dazu.
Kandolf schenkt ein Stamperl Zirbenlikör nach und bricht eine Lanze für seine Landsleute: “Die Lungauer sind zwar Dickschädeln. Wenn sie jemanden mögen, dann richtig. Wenn nicht, dann wird das auch nichts mehr.” Er erzählt von Zeltfest-Rauferien und Wilderer-Geschichten. “Aber wenn von außen jemand etwas gegen den Lungau sagt, dann halten alle zusammen.”
Der Oberschützenmeister beim Preberschießen Dem ORF hat er es genauso erklärt wie TV Tokyo: Beim traditionellen Prebersee-Schießen zielen die Schützen nicht auf eine Zielscheibe, sondern auf deren Spiegelbild im Prebersee. “Das ist sensationell”, findet Oberschützenmeister Heimo Waibl auch noch nach 45 Jahren und fügt hinzu, dass sogar US-Filmemacher Walt Disney den See einst nachbauen wollte.
Das Schießen am Prebersee findet traditionell im letzten Augustwochenende statt, mitmachen kann jeder. Genau hierin liegt die Begeisterung Waibls. Denn: Wer das Schießen gewinne sei keine ausgemachte Sache von Profis, sondern reines Glück. “60 bis 70 Prozent der Gewinner sind Außenseiter.” Der Prebersee ist ein Moorsee und hat daher eine besondere Wasserkonsistenz. Das Projektil drückt ein paar Zentimeter in die Wasseroberfläche, dann wird es nach oben katapultiert und dabei – möglichst genau – in die am Ufer stehende Zielscheibe.
Im Schützenhaus gibt es Bauernkrapfen und Schnaps, eine Gruppe Musiker spielt auf, Schulkinder schreiben die Ergebnisse auf kleine blaue Zettel. “Auch ich habe mit sieben oder acht Jahren angefangen”, erinnert sich Waibl, “bis ich das Schießen gewonnen habe, hat es aber 40 Jahre lang gedauert.” (red, kofferpacken.at)
Koffer packen und los geht’s
Der Lungau ist der südlichste der Salzburger Gauen- grenzt an Kärnten und die Steiermark- liegt auf durchschnittlich 1.000 Meter Seehöhe- ist UNESCO Biosphärenpark
Bauernherbst
Feste, Schmankerln und Brauchtum von 24. August bis 27. Oktober 2013, www.bauernherbst.com
Webtipps
www.preberschuetzen.at
www.pension-kandolf.at
www.lungauervolkskultur.com
www.lungau.travel
www.lungau.at
Offenlegung
Wir waren auf Einladung des Tourismusverbandes im August 2013 zwei Tage lang bei der Eröffnung des Salzburger Bauernherbstes im Lungau. Meinungen, Bilder und Texte sind wie immer „hausgemacht“.