Wenn sich der Neoprenanzug mit kaltem Wasser füllt und der Blick fest auf den Horizont gerichtet ist. Wenn das Brett fest umklammert wird und die weiße Welle die Zehen kitzelt, dann ist es Zeit, auf der Welle zu reiten.
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Vormittag. Die Wellen sind noch zahm. Sanft bahnen sie sich ihren Weg von der Weite des Meeres zum Strand und umsäumen ihn mit zartem, weißen Schaum. Bald werden die Wellen höher, die Kraft des Wassers nimmt zu. Der Blick der Surfanfänger schwenkt zum Horizont, auf der Suche nach Wellen. Klein sind sie noch, doch jeder einzelne von ihnen weiß, dass sie ganz schnell ganz groß werden können.
Blaue Flecken und aufgewetzte Knie
Die Surfanfänger erkennt man daran, dass sie sich beim Anziehen des Neoprenanzuges etwas schwer tun. Der Stoff klebt an der Haut, Sand kratzt ihnen die Knie und Ellenbogen auf und die meisten von ihnen haben einen blauen Fleck auf der Hüfte. Dieser kommt vom Tragen des Surfboardes. Auch das gehört zu einer schwierigen Disziplin für die Anfänger.
Den Reißverschluss nach oben, den Klettverschluss zu, die Leash am richtigen Bein mit dem Kabel nach hinten angelegt. Ein tiefer Atemzug, das Surfboard auf den Arm und los geht’s. Kalt ist die erste Welle, die die Zehen erreicht. Ein paar Schritte weiter und es fühlt sich beinahe so an, als würde die sichtbare Grenze zwischen Neoprenschutz und nackter Haut eine unsichtbare Grenze zwischen krampfähnlichem Schmerz und angenehm kühler Haut hervorrufen. Noch einen Schritt, und noch einen. Das Surfboard liegt nun auf der leicht unruhigen Wasseroberfläche und der Neoprenanzug säuft sich mit Wasser voll, um nachher den Körper zu schützen. Als hätte man sich in die Hose gemacht. So zieht es im Schritt. Und trotzdem weiter. Der Wind peitscht die Wellen auf und Nieselregen wird von ihnen weggeschleudert.
Das Gefühl der Freiheit erleben
Unbeirrt gehen die Surfer in Reih und Glied weiter Richtung offenes Meer. Alle wollen sie das Gefühl der Freiheit erleben, von dem jeder Surfer spricht. Doch das ist noch ein weiter Weg. Es gilt, die weißen Wellen zu erwischen – jene, die durch gebrochene Wellen und deren Gischt weiß zum Strand laufen. Hüfttief stehen sie nun im Wasser und warten auf eine passende Welle, und haben immer Bodenkontakt. Nebeneinander versteht sich, um die Verletzungsgefahr zu reduzieren. Das Brett stets fest im Griff. So lange es das Wasser erlaubt.
Eine Welle erhebt sich glitzernd gegen die Sonne und gibt sich so für die Surfer zu erkennen. Fast synchron drehen sie ihre Bretter mit der “Nose”, mit der vorderen Spitze, Richtung Strand. Sobald die Welle in erreichbarem Abstand zu ihnen ist, hüpfen sie auf das Board und paddeln. Paddeln, paddeln, paddeln, um Geschwindigkeit zu erzeugen. Sonst geht die Welle einfach unten durch – oder oben drüber. Sobald sie die Zehen erreicht, paddeln sie noch zwei bis drei Mal und üben sich dann im Aufstehen auf das Brett. Im Idealfall drücken sie sich in einer geschmeidigen Bewegung hoch, ein Fuß in Richtung Strand, der andere hinter dem Körper, die Arme und gebeugten Knie balancieren den Rest des Körpers.
Wipe-Out. So nennt sich das Fallen vom Board. Und es wird oft “ge-wiped-out”, bevor man dann tatsächlich auf dem Board zu stehen kommt.
Wasser schlucken, inhalieren, System reinigen
Doch das nimmt jeder Surfer gerne in Kauf. Unzählige Male stürzt man ins Wasser, wird von der Welle mitgerissen, dreht und wendet sich unter Wasser, saugt es ein, inhaliert es und sorgt somit für eine Nebenhöhlenreinigung der besonderen Art. Alles egal. Denn wenn man erst mal den Dreh raus hat, ist das Aufstehen gar nicht mehr die große Hürde. Das Stehen auf dem Brett wird zur obersten Herausforderung. Schafft man jedoch seine erste “Fahrt” Richtung Strand, kann seinen Körper ausbalancieren und stehen bleiben, so bekommt man einen ersten Vorgeschmack auf das Freiheitsgefühl, das die Surfer so berühmt macht. Man hat Blut geleckt. Man will mehr.
An diesem Punkt müssen die Surf-Neulinge vorsichtig sein, zwar mit Mut auf etwas größere Wellen zugehen, dennoch den Respekt vor der Kraft des Meeres zu bewahren. Sicherheit steht an vorderster Stelle – für sich selbst und andere. Doch egal, wie viele Wipe-Outs man ertragen muss, wie lange der blaue Fleck an der Hüfte sichtbar ist und wie aufgekratzt die Knie vom Sand im Neoprenanzug sind – das Gefühl des Surfens kann man schwer mit Worten beschreiben. Es scheint tatsächlich so zu sein, wie der zehnfache Weltmeister im Profisurfen, Kelly Slater, sagt: “Es ist wie die Mafia. Bist du einmal drinnen, bist du drinnen. Es gibt keine Weg zurück.” (Daniela Nowak, kofferpacken.at)
Koffer packen und los gehts!
Das Angebot an Surf-Schulen auf allen Kontinenten ist groß. Es werden ganze Surf-Wochen mit unterschiedlichen Schwerpunkten angeboten. Preise sind abhängig von der Saison und der Nachfrage. Mit langjährigen Surflehrern bezwingen die Anfänger die ersten weißen Wellen, manche wagen sich auch bereits in die grünen Wellen vor. Spaß soll es machen, das ist das Wichtigste!
kofferpacken.at surfte eine Woche in Lagos, Portugal bei The Surf Experience Portugal.