Wer hier abends noch Kaffee trinkt hat hier keine Probleme, einzuschlafen. Eine Nacht in der Wüste.
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Erst kilometerweit nur Sand und eine staubige Piste, auf der der weiße Jeep in Richtung Nirgendwo saust. Dann bremst Khalid langsam, wechselt ein paar Worte mit einem Buben, der durch den Sand läuft und erklärt: “Das ist mein Cousin, er ist auf der Suche nach einem entlaufenen Kamel.” Der Cousin macht sich wieder auf den Weg, Khalid steigt auf’s Gas.
Beduinencamp
Die Ramlat al Wahiba, auch bekannt als Wahiba Sands, ist eine 10.000 Quadratkilometer große Sandwüste im Osten des Sultanats Oman. Khalid al Mughairy stammt aus einer Beduinenfamilie, mit der er gemeinsam das Nomadic Desert Camp – 1996 errichtet und angeblich das erste in dieser Wüste – betreibt. Im Winter werden hier Touristen empfangen, im Sommer lebt die Familie im Dorf.
Datteln und Kaffee
Im Jeep geht die Fahrt erst einmal weiter zum Beduinenzelt von Khalids Familie, wo seine Frau den auf dem Teppich sitzenden Gästen süße Datteln und starken Kaffee mit Kardamon serviert. “In der Wüste kann man so viel Kaffee trinken wie man will. Hier ist es so ruhig, dass man trotzdem ohne Probleme einschlafen kann”, sagt Khalid. Man sieht, dass das Zelt auf ganze Horden von Besuchern ausgerichtet ist, jetzt im Jänner ist es zum Glück ruhig in der Wüste.
Auf der Weiterfahrt zum Camp hält Khalid noch kurz bei seinen Kamelen an. Sie geben Milch und Fleisch und werden bei Kamelrennen eingesetzt. Statt eines Zaunes schützen verknotete Tücher an den Beinen vor dem Ausbüchsen. Jetzt werden die Tiere für kurze Zeit davon befreit, damit sie zu ihrem Essen, einer Mischung aus Weizenkleie, Wasser und Datteln traben können.
Barfuß durch den Sand
Kurze Zeit später dann die Ankunft im Camp, das rund 20 Kilometer südlich des Ortes Al Wasil liegt und aus in einem Kreis stehender Hütten aus Palmblättern (“Barasti”) besteht. Jetzt heißt es schnell: Schuhe aus und barfuß auf die nächste Düne laufen, um von dort aus den Sonnenuntergang zu bestaunen. “Keine Angst”, ruft der indische Angestellte hinterher, “im Winter sind Schlangen und Skorpione hier keine Gefahr.” Später, nach dem Abendessen, erzählt er, dass in der Hochsaison bis zu 40 Gäste im Camp übernachten. Zeit, sich mit den ausländischen Besuchern zu unterhalten, bleibt dann keine mehr.
Wasserpfeife und Sternenhimmel
Anders jetzt, im Jänner. Der Inder legt Teppiche und Polster in den Sand, entzündet ein Lagerfeuer, reicht eine Wasserpfeife und erzählt von seiner Heimat, während die Gäste am Rücken liegend in den mit Sternen übersäten Himmel blicken.Ab und zu ist hoch oben ein Flugzeug zu erkennen. Seit mehr als sieben Jahren lebt der indische Muslim schon hier, seine Frau und seine zwei Kinder daheim im südindischen Kerala sieht er nur für wenige Wochen im Jahr. Hier im Camp ist er Mädchen für alles: Er kocht, putzt, macht die Betten – und kümmert sich um das Wohl der Touristen.
Das Rascheln der Palmblätter
Erst wenn alle Gäste in ihren Barastihütten mit den Holzbetten und frischen Bettüberzügen liegen, begibt er sich im so genannten Majlis, einem halboffenen Zelt mit Teppichen und Polstern, zur Nachtruhe. “Einmal wurde ich dort von einem Skorpion gebissen”, erzählt der gläubige Muslim, der sich auch hier in der Wüste fünf Mal am Tag Zeit zum Beten nimmt. Irgendwann geht das Feuer aus, der Shisha-Tabak ist aufgebraucht und der indische Gastgeber sieht ganz schön müde aus. Zeit, sich schlafen zu legen. In der Hütte dann absolute Stille, nur das Rascheln der Palmblätter wiegt in den Schlaf. Und, Khalid sollte Recht behalten: Der starke Kaffee am späten Nachmittag hindert kein bisschen beim Einschlafen. (Maria Kapeller, kofferpacken.at)